Luzern liegt in Luzein

oder: wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen

Bericht über den Welt-Cup am Rotsee in Luzern

(von Andreas Kirschner)

Nachdem unsere komplette Familie nun doch schon seit mehreren Jahren unseren Sohn auf seinen Regatta-Einsätzen in verschiedenen Funktionen begleitet, meine Frau als Betreiberin der Ruderfan-Homepage, unser Hund als Maskottchen und ich selbst als Fotograf, war dieses Jahr einmal die Idee geboren uns einen Eindruck vom Ablauf einer Regatta auf „noch höherem Niveau“ zu machen.

 

Der Besuch der Ruder-Bundesliga praktisch um die Ecke in Frankfurt konnte nicht stattfinden, da unser Sohn zur gleichen Zeit mit der Rennruderjugend im Einsatz war… man muss Prioritäten setzen.

 

Als hochwertige Alternative wurde das Finale des Ruder-Weltcups in Luzern ausgewählt. Abgesehen vom rein landschaftlich sehr reizvollen Standort ist dieses Event von Darmstadt nicht weiter entfernt als München oder gar Hamburg. Die „Fortbildungsveranstaltung“ wurde als reiner Männerausflug geplant … zwei pubertierende Rennruderer und ein in die Jahre gekommener begeisterter Anfänger… eine explosive Mischung die sich aber, das kann ich vorausschicken, gut bewährt hat.

 

Die Auswahl der Unterkunft war nicht ganz einfach… die günstigen Möglichkeiten im näheren Einzugsbereich des Rotsees waren natürlich schon belegt, verfügbare Hotelzimmer waren mit Preisen zwischen 200 und 300 Euro pro Nacht doch etwas über dem angesetzten Budget. Etwa 20km außerhalb Luzerns haben wir allerdings eine Unterkunft gefunden, die wir sicher noch öfter nutzen werden und die wir nur jedem empfehlen können, der einmal in diese Gegend fahren möchte. Bei Familie Portmann (homepage) gibt es große, pieksaubere Zimmer mit Balkon zu günstigen Preisen, das Frühstück ist etwas für Ruderer die viel Kraft brauchen und freundliche Tipps und Hilfe bei allen Problemchen, die während einer Reise auftreten können gibt es gratis!

 

Die Anreise gestaltete sich problemlos… auf kleine Unregelmäßigkeiten die den Umgang mit moderner Technik, wie beispielsweise einem Navigationsgerät, betreffen, möchte ich hier gar nicht näher eingehen.

 

Wir hatten uns entschlossen den Freitag als Anreisetag zu wählen, die Vorläufe also auszulassen und dann am Samstag zu den Semifinals entspannt „anzutreten“. Gesagt, getan, es war, trotz meiner anfänglichen Bedenken, nicht weiter schwierig einen ordentlichen Langzeit-Parkplatz zu finden. Die ersten Eindrücke dieser Veranstaltung waren überwältigend… und doch kam uns alles sehr bekannt vor. Trotz der absolut professionellen Ausrichtung fällt sofort positiv auf, dass es hier keine Berührungsängste zwischen den Spitzensportlern und den Fans gibt. Keine Star-Allüren… Spitzensport zum Anfassen. Diesen Eindruck haben wir übrigens gleich in die Tat umgesetzt… wir haben den Deutschland-Achter berührt… es war ein erhebendes Gefühl… unbeteiligte Umstehende haben uns sicher für ziemlich bescheuert gehalten.

 

Der Rotsee, von den Schweizern auch gerne „Göttersee“ genannt, eignet sich als gerade gewachsener Natursee in Längen- und Breitenmaß geradezu ideal für Rudersport-Veranstaltungen. Neben den notwendigen 6 Bahnen führen die abgesteckten Areale zum Warm- bzw. Ausrudern direkt vor dem Uferweg entlang der fast an der kompletten Strecke gut einsehbar ist und viele interessante Standplätze bietet. Auch aus fotografischer Sicht von der Natur perfekt gelöst !

Bei 2km Streckenlänge muss man sich natürlich für einen Standort entscheiden… dies war in unserem Fall selten das Ziel, da sich hier die Menschenmengen doch ziemlich ballten… trotzdem wurden wir durch zahlreiche Durchsagen entlang der Strecke über die doch sehr spannenden Rennen auf dem Laufenden gehalten. Hier waren begeisterte und kompetente Moderatoren am Werk wie man es selten erlebt… auf die Berieselung mit Musik konnte hier, glücklicherweise, komplett verzichtet werden… klasse!

 

Viele Aussteller sorgten für Beschäftigung in den Rennpausen. Vom Sonnenschutz über Nahrungsergänzungsmittelchen und Ersatzteile bis hin zum kompletten Rennboot konnte hier alles was mit dem Rudersport auch nur entfernt in Verbindung gebracht werden kann, angeschafft werden… den Besitz einer prall gefüllten Geldbörse vorausgesetzt. Die Schweiz ist ein teures Pflaster… schon der Erwerb einer Bratwurst mit Getränk wird hier zur Investition.

 

Wie schon oben angemerkt konnte der Bootslagerplatz, wie auch alle anderen Areale, praktisch ohne Einschränkungen begangen werden. Dabei haben wir öfter die Vorbereitungen der Sportler, natürlich angemessen zurückhaltend (wozu hat man ein Teleobjektiv), beobachten können. Im Grunde unterscheidet sich hier doch recht wenig von der Atmosphäre auf anderen Regatten, beispielsweise im Jugendbereich… vom Materialeinsatz natürlich abgesehen. Auf diesem Niveau wird sicher das Beste eingesetzt, was man für diesen Sport kaufen kann… trotzdem sind die Unterschiede zum Material welches man in vielen Rudervereinen antrifft nach meiner Einschätzung nicht so groß, wie in vielen anderen Sportarten… die Rudertechnik macht hier wohl den Unterschied ?!

 

Der wirklich beeindruckende Teil der Veranstaltung beginnt am Steg. Beobachten zu können mit welcher Leichtigkeit, Selbstverständlichkeit und Präzision die Sportler hier mit den Booten umgehen ist wirklich ein Erlebnis. Im Zusammenhang mit größeren Booten bekommen Worte wie „synchron“ eine vollkommen neue Bedeutung. Der oftmals herangezogene Vergleich mit einem Schweizer Uhrwerk passt hier wirklich einmal perfekt. Durch die schon kurz erwähnte publikumsfreundliche Aufteilung der Strecke konnten die Boote in der „Warmlaufphase“ mehrmals hautnah erlebt werden, bevor es an den Start ging… viele Manöver waren wirklich Rudern aus dem Lehrbuch… der Start eines perfekt abgestimmten Achters in wenigen Metern Abstand sorgt allerdings bei Ruderbegeisterten, wie ich beobachten konnte und nun auch aus eigener Erfahrung weiß, öfter für Gänsehaut!

 

Es waren durchweg spannende Rennen … das Wetter hielt sich täglich fast perfekt an den Veranstaltungsplan. Immer zum Ende des Tagesprogramms kam Regen auf, am Sonntag sogar mit Sturmwarnung. Der Showdown der Achter, natürlich durch das große Interesse der Medien an dieser Bootsgattung auch der Programm-Höhepunkt, war kurz in Gefahr… konnte aber gerade noch trocken beendet werden, bevor es wettermäßig richtig zur Sache ging und auch der Bootslagerplatz panikartig bei heftigen Schauern und Sturmböen geräumt wurde. Eigentlich schade, hatten wir uns doch Chancen auf ein paar Autogramme des siegreichen Deutschland-Achters eingeräumt. Da allerdings auch unsere „Stars“ , eine weitere Übereinstimmung mit Regatten wie wir sie kennen, ihre Boote nebst Zubehör selbst verladen müssen und dies bei diesem Wetter alles andere als ein Spaß war, haben wir von der Autogramm-Jagd Abstand genommen und dies vertagt… auf keinen Fall aber aufgegeben!

 

Ich wollte hier bewußt nicht auf einzelne Ergebnisse der Rennen eingehen… Interessierte kennen diese bestimmt bereits, es ging mir mehr um die Eindrücke rund um die Strecke.

 

Für uns ein tolles Wochenende, wir werden es sicher wiederholen… wahrscheinlich wird der Rotsee ein fester Bestandteil unserer Urlaubsplanung. Als einzigen kleinen Wermutstropfen nehme ich lediglich den Eindruck mit nach Hause, dass diesen Spitzensportlern bei weitem nicht die verdiente Aufmerksamkeit zuteil wird, die sie verdient hätten… aber vielleicht hat auch das sein Gutes für diese Sportart !

 

(Andreas Kirschner)